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Konjunkturprognose: Hoffen auf 2022

Die Corona-Pandemie und ihre Folgen bremsen die Konjunktur in Deutschland vorerst ab. Im kommenden Jahr ist allerdings mit einer Entspannung der Lage zu rechnen, sodass die Wirtschaft wieder stärker wachsen kann. Auch die vom IW befragten Unternehmen sind für 2022 tendenziell zuversichtlich.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die aktuelle Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft geht davon aus, dass sich die ökonomische Normalisierung in Deutschland hinauszögert, im kommenden Jahr allerdings mit einem etwas stärkeren Aufwärtstrend zu rechnen ist.
  • Nach einem Wachstum von nur 2 ½ Prozent in diesem Jahr dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt 2022 um knapp 4 Prozent zulegen – vorausgesetzt die Produktionsstörungen verlieren an Bedeutung.
  • Zum Jahresende 2022 wird dann voraussichtlich wieder das Vorkrisenniveau erreicht.
Zur detaillierten Fassung

Wer im Sommer gedacht hatte, die Pandemie und die damit verbundenen wirtschaftlichen Probleme seien bald überwunden, der sieht sich nun eines Besseren belehrt. Noch immer leidet die globale Warenlogistik unter Ausfällen, weil Häfen wegen Corona-Infektionen geschlossen werden, Container nicht dort sind, wo sie gebraucht werden, oder Schiffsbesatzungen fehlen. Vor allem Halbleiter, aber auch Energierohstoffe gelangen nicht in benötigtem Maße zu den Unternehmen in Europa.

All dies wirkt sich auch auf die Preise aus, was wiederum den Spielraum für eine Erholung der Konsumkonjunktur verringert.

Nach einem Wachstum von nur 2 ½ Prozent in diesem Jahr dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt 2022 um knapp 4 Prozent zulegen – vorausgesetzt die Produktionsstörungen verlieren an Bedeutung.

Nicht zuletzt bleibt die bange Frage, wie sich die Infektionslage entwickelt und ob die Gesundheitspolitik mit der vierten Welle und neuen Varianten des Coronavirus so umzugehen vermag, dass die Wirtschaft nicht stärker beeinträchtigt wird als nötig.

Vor diesem Hintergrund geht die aktuelle Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft davon aus, dass sich die ökonomische Normalisierung in Deutschland hinauszögert, im kommenden Jahr allerdings mit einem etwas stärkeren Aufwärtstrend zu rechnen ist (Grafik):

Nach einem Wachstum von nur 2 ½ Prozent in diesem Jahr dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt 2022 um knapp 4 Prozent zulegen.

Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Produktionsstörungen an Bedeutung verlieren. Im Einzelnen:

  • Außenhandel. Die zuletzt hohe Nachfrage ausländischer Kunden nach in Deutschland gefertigten Produkten konnte aufgrund der gestörten Produktions- und Lieferketten nicht voll bedient werden.

Dies wirkt sich auf die preisbereinigten Exporte aus, die im ersten Halbjahr 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum noch um mehr als 11 Prozent zugelegt hatten. Für das Gesamtjahr 2021 ist nun lediglich mit einem Plus von knapp 7 ¼ Prozent zu rechnen, im kommenden Jahr dürfte der Zuwachs 6 Prozent betragen.

  • Investitionen. Die umfänglichen Liefer- und Produktionsverzögerungen führen auch dazu, dass die Investitionen in Ausrüstungsgüter wie neue Maschinen und Produktionsanlagen vorerst wenig Dynamik entfalten. Aber:

Wenn diese Probleme im Laufe des kommenden Jahres überwunden werden, dürfte der aufgestaute Bedarf im Schnitt des Jahres 2022 ein Wachstum der realen Ausrüstungsinvestitionen von 5 Prozent ermöglichen.

Zum Jahresende 2022 wird dann voraussichtlich wieder das Vorkrisenniveau erreicht.

  • Privater Konsum. Die steigenden Preise machen den Verbrauchern in Deutschland weiterhin zu schaffen. Dennoch sind die Aussichten keineswegs düster:

Der private Konsum dürfte 2022 in realer Rechnung um gut 5 Prozent zulegen.

Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich die Pandemie durch einen weiteren Fortschritt bei den Impfungen zurückdrängen lässt und somit die Konsummöglichkeiten durch Schließungen im stationären Handel nicht erneut eingeschränkt werden.

  • Arbeitsmarkt. Auch hier stehen die Zeichen auf Erholung. Die Zahl der Arbeitslosen, die 2021 im Schnitt den Vorjahreswert bereits um fast 80.000 unterschreiten wird, dürfte 2022 um rund 230.000 sinken – sie wird allerdings auch dann mit knapp 2,4 Millionen noch über dem Vorkrisenstand liegen. Vor allem die Zahl der Langzeitarbeitslosen geht nur langsam zurück.

Noch erfreulicher sind die Prognosen in Sachen Beschäftigung:

Die Zahl der Erwerbstätigen wird im kommenden Jahr um rund 1 Prozent auf den neuen Höchstwert von 45,3 Millionen steigen.

Dass der Zuwachs nicht noch höher ausfällt, ist in erster Linie dem Fachkräftemangel zuzuschreiben.

Die positive Haltung zur Konjunktur zieht sich durch alle Branchen

Die insgesamt vorherrschende – wenngleich eingeschränkte und unter einigen Vorbehalten stehende – Zuversicht mit Blick auf 2022 spiegelt sich auch in der aktuellen IW-Konjunkturumfrage wider (Grafik):

Von den mehr als 2.800 befragten Unternehmen erwartet fast die Hälfte für das kommende Jahr eine höhere Produktion beziehungsweise eine bessere Geschäftsentwicklung – nur 15 Prozent der Firmen rechnen mit einem Rückgang.

So viel Prozent der Unternehmen in Deutschland erwarten für das Jahr 2022 gegenüber 2021 folgende Entwicklung der … Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die optimistische Haltung zieht sich durch alle Branchen, ist allerdings in der Industrie und im Dienstleistungsbereich am stärksten ausgeprägt. Zumindest zum Zeitpunkt der Befragung im November 2021 gingen beispielsweise die Dienstleister offenbar nicht von einem neuen, umfassenden Lockdown aus. In der Industrie dominiert zudem die Erwartung, dass die aktuellen Zuliefer- und Produktionsprobleme im Laufe der kommenden Monate überwunden werden können.

Die Bauunternehmen zeigen sich nicht ganz so zuversichtlich – die Branche wurde durch die Pandemie allerdings auch weniger stark belastet.

Ebenfalls unterschiedlich fallen die Einschätzungen der Firmen auf regionaler Ebene aus. So sind in den von der Industrie und der Automobilwirtschaft stark geprägten Ländern wie Baden-Württemberg und Bayern die Produktionserwartungen für 2022 überdurchschnittlich hoch. Im Norden und vor allem im Osten der Republik sind die Wachstumsaussichten schlechter, auch aufgrund bestehender Probleme in Sachen Wirtschaftsstruktur.

Guter Dinge sind viele der vom IW befragten Firmen auch mit Blick auf die Investitions- und Beschäftigungsentwicklung. Im Dienstleistungsbereich etwa plant sogar die Hälfte der Unternehmen, im kommenden Jahr zusätzliche Stellen zu schaffen.

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